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Einblicke in die Asylfrage

Würzburger Experten informieren bei Herbsttagung der Katholischen Landvolkbewegung – Asylseelsorger Rainer Behr: „Den einen Asylbewerber gibt es nicht“ – Projekt „mov’in“: Wohnungen für Flüchtlinge sind schwer zu finden

Würzburg (POW) „Es gibt nicht den einen Asylbewerber." Das hat Rainer Behr, Asylseelsorger des Bistums Würzburg, bei der Herbsttagung des Bundesverbands der Katholischen Landvolkbewegung (KLB) im Exerzitienhaus Himmelspforten in Würzburg betont. Er referierte vor den Mitgliedern des Arbeitskreises Familie, Partnerschaft und Gesellschaft. Ebenso gaben unter anderem Johanna Aigner und Nicole Wespa, zwei Studentinnen der Sozialen Arbeit an der Fachhochschule in Würzburg, einen Einblick in das Projekt „mov’in“. In Kooperation von Caritas und Fachhochschule helfen 40 Studenten noch bis zum Ende des Wintersemesters Flüchtlingen, die aus Gemeinschaftsunterkünften ausziehen dürfen, bei der oftmals schwierigen Suche nach einem geeigneten Wohnraum. Nach Angaben der KLB werden sich die Mitglieder des Arbeitskreises zeitnah damit befassen, wie sich der Verband bei der Asylfrage in Deutschland engagieren und positionieren kann.

Asylseelsorger Behr wies in seinem Vortrag auf die Vielfalt der Flüchtlinge hin. „Da sind die anerkannten Flüchtlinge, Geduldete und die, die noch auf ihre Anerkennung hoffen. Aber immer verbergen sich hinter diesen technischen Begriffen Menschen, Männer, Frauen und Kinder, mit ihren ganz individuellen Schicksalen.“ Viele Bundesbürger seien bereit, diesen Menschen zu helfen und ihnen ihr Ankommen in Deutschland zu erleichtern. „Das ist zunächst einmal aller Ehren wert. Nur leider wissen die Helfer oft nicht, was diese Menschen wirklich brauchen“, sagte Behr. Es gelte der Grundsatz: Gut gemeint ist nicht gleich gut gemacht.

Die Menschen, die Hilfe leisten wollen, wüssten oft viel zu wenig über die Flüchtlinge, ihre Herkunft und Kultur. Unter den Flüchtlingen befänden sich zum Beispiel Ärzte, Journalisten oder andere in ihrer Heimat hoch angesehene Personen, die sich dann in Deutschland plötzlich als Bittsteller erlebten und unter dieser neuen Situation litten. Oder es gehe um ganz alltägliche Fragen wie die nach Lebensmitteln aus der Heimat. Eine afrikanische Familie bekomme nun mal nicht alle gewünschten Lebensmittel im nächstgelegenen Supermarkt an der Ecke, um ihr Essen so zubereiten zu können, wie sie es gewohnt sei. Oder eine Frau aus dem Iran suche eine Fachärztin, keinen Arzt. Doch wie komme sie dorthin und wer zahle unter Umständen die Behandlung, wenn diese nicht von den Sozialleistungen gedeckt ist? „Hier ist dringend Aufklärung und Unterstützung für die Helfer gefragt. Und an der mangelt es im Augenblick noch ganz gewaltig“, betonte Behr.

Ein großes Problem stelle in diesem Zusammenhang auch das Kirchenasyl dar. Viele, gerade auch politisch orientierte Gruppen drängten oftmals Pfarrer vor Ort, Flüchtlinge bei sich aufzunehmen und ihnen Kirchenasyl zu gewähren. Die Geistlichen stünden dann vor dem Dilemma, das Kirchenasyl abzulehnen und dem Unmut der Helfer auf sich zu ziehen oder die negativen Konsequenzen auf sich zu nehmen, die ihnen von Seiten des Staates drohten, wenn sie Asyl gewähren. „Gerade wieder hat die Bundesregierung angekündigt, die Bestrafung gegen die Pfarrer im Asylgesetz zu verschärfen.“ Deshalb sei es ihm ein großes Anliegen, dass Helfer informiert, geschult und bei ihrer Arbeit unterstützt würden, damit sie besser und gezielter Hilfe leisten könnten, erklärte Behr.

„Es ist wirklich gar nicht so einfach, eine Wohnung zu finden“, berichtete Johanna Aigner von ihren Erfahrungen bei der Suche nach Wohnungen für Asylbewerber, die aus der Gemeinschaftsunterkunft ausziehen dürfen. „Man durchforstet gemeinsam mit dem Flüchtling die Zeitungen nach Wohnungsangeboten. Aber die meisten scheiden schon aufgrund der zu hohen Mieten aus.“ Habe man trotzdem eines der wenigen passenden Wohnungsangebote gefunden, komme auch schon die nächste große Hürde, berichtete Nicole Wespa. „Die meisten Vermieter lehnen ab, sobald sie erfahren, dass es sich bei dem zukünftigen Mieter um einen Flüchtling handelt.“

Einmal sei das sogar so weit gegangen, dass sich der Vermieter kurz vor dem Besichtigungstermin einfach nicht mehr gemeldet habe, erzählte Aigner. „Das ist schon bitter.“ Trotzdem waren die beiden Studentinnen erfolgreich: Die Frau, die sie bei ihrer Suche begleitet haben, wohnt mittlerweile in einer kleinen Wohnung. „Die Vermieterin hat sich direkt bei der Caritas gemeldet und wollte helfen, indem sie einen Flüchtling aufnimmt. Ein Glücksfall“, sagte Wespa. Auch helfe die Vermieterin der neuen Mieterin dabei, sich in ihrem neuen Umfeld und im Alltag zurechtzufinden. „Sonst würden wir das tun“, erklärte Aigner. „Das Projekt sieht auch vor, dass die Flüchtlinge durch uns in der ersten Zeit in ihrer neuen Umgebung begleitet und betreut werden. Wir helfen zum Beispiel bei der Suche nach Kita-Plätzen oder bei der Mülltrennung, eben bei ganz alltäglichen Sachen.“ Auch wenn das Projekt mitunter schwierig gewesen sei, weil die Wohnungssuche scheinbar nicht vorangehen wollte, zogen die beteiligten Studentinnen ein positives Fazit: „Die Zeit möchte ich nicht missen. Ich hätte sonst nie die Chance gehabt, für und vor allem mit Flüchtlingen etwas gemeinsam zu erreichen“, sagte Wespa.

(4814/1146; E-Mail voraus)