Hinweis

Ihre Browserversion wird leider nicht mehr unterstüzt. Dies kann dazu führen, dass Webseiten nicht mehr fehlerfrei dargestellt werden und stellt ein erhebliches Sicherheitsrisiko dar. Wir empfehlen Ihnen, Ihren Browser zu aktualisieren oder einen der folgenden Browser zu verwenden:

Ein Augenmerk auf die Nöte

Sorge um Arbeitsplätze oder enge Zimmer: Bei der Visitation in der Stadt Aschaffenburg hat Bischof Dr. Friedhelm Hofmann die Menschen im Blick

Aschaffenburg (POW) Spontan erhebt sich die Runde, als Bischof Dr. Friedhelm Hofmann im Männertreff auf dem Gelände der Gemeinschaftsunterkunft (GU) für Asylbewerber am Stadtrand von Aschaffenburg vorbeischaut. Im Rahmen der Visitation des Stadtdekanats Aschaffenburg schaut er am Freitag, 14. November, auch bei den rund 370 Männern, Frauen und Kindern vorbei, die auf dem Gelände einer ehemaligen US-Kaserne untergebracht sind. „Wir sind sehr dankbar für die Unterstützung, die wir durch die Kirche hier erfahren“, erzählen die Männer, um die sich jeden Freitagnachmittag der Student Jonas Franz kümmert.

Er ist einer der Mitarbeiter der Caritas, welche die Flüchtlinge in ihrem Alltag unterstützen. Winfried Katholing von der Beratungsstelle der Caritas berichtet dem Bischof unter anderem, dass sein Team unter anderem Sprachkurse organisiert, Rechner zur Internetnutzung bereithält, eine Freizeitgruppe für die Kinder anbietet oder bei Behördengängen hilft. Cornelia Uhrig, die das Caritas-Projekt „Mov’In“ betreut, erzählt, dass sie in den vergangenen anderthalb Jahren 150 Personen, die bis dahin in der GU lebten, eine Wohnung vermitteln konnte. „Wie wäre es, wenn Sie die Kirchenverwaltungen vor Ort ermutigten, leerstehende Pfarrhäuser an Flüchtlinge zu vermieten?“, regt Pfarrer Matthias Rosenberger an. „Das gibt es im Bistum bereits. Wir werden es für Aschaffenburg prüfen. Es muss aber auch sichergestellt werden, dass es Menschen vor Ort gibt, welche die Flüchtlinge auch betreuen“, lautet die Antwort des Bischofs.

Als der Bischof sich auf den Weg zum Wohngebäude der Familien macht, kommt ein Mann auf ihn zu und schüttelt ihm dankbar die Hand. „Ohne die Hilfe von Herrn Katholing und seinen Mitarbeitern hätte ich die Zeit hier nicht überstanden.“ Er lebe inzwischen außerhalb und sei heute gekommen, um dem Bischof das zu sagen, erklärt der gebürtige Iraner. Ein paar Meter weiter kommt Nekatebeb Belay auf die Würzburger Delegation zu. Der Priester der äthiopisch-orthodoxen Kirche lebt seit zwei Jahren in der GU und trägt heute sein farbiges liturgisches Gewand. „Wir sind sehr dankbar für den Gottesdienstraum, den wir in Nilkheim haben. Aber können Sie uns vielleicht einen besorgen, der für die Leute hier leichter erreichbar ist?“, bittet er den Bischof. Der verspricht, sich um das Thema zu kümmern.

Susan Asachadi, die mit ihrer Familie aus Syrien geflohen ist, hat für Bischof Hofmann eigens Pizza gebacken und bittet ihn in ihr Zimmer. Ein Tisch, vier Stühle, vier Betten, drei Schränke. Das ist ihr Privatbereich. „Schmeckt köstlich“, sagt der Bischof und isst im Stehen. Ein syrischer Junge aus dem Nachbarzimmer übersetzt für Frau Asachadi. Mit betroffenem Blick reagiert der Bischof, als er im Zimmer auf der anderen Seite des Flurs erfährt, dass Familie Mschegian aus Aserbaidschan schon vier Jahre hier lebt. Noch immer warteten die Eltern mit ihren drei Kindern – darunter eine zwei Jahre alte schwerstbehinderte Tochter – darauf, in eine Wohnung umziehen zu dürfen. Thomas Weingart, bei der Regierung von Unterfranken für die GU verantwortlich, verspricht, die Papiere der Familie noch einmal genau zu prüfen.

Ganz andere Themen bestimmen den Rundgang des Bischofs in den Fabrikhallen von Takata im Stadtteil Schweinheim. Bischof Hofmann bleibt immer wieder stehen, um ein paar Worte mit den Arbeitern zu wechseln. Er möchte wissen, wie diesen die Arbeit gefällt, wie anstrengend die jeweilige Tätigkeit ist, wo jeweilige Herausforderungen liegen. Insgesamt rund 1800 Personen arbeiten in den beiden Takata-Werken in Aschaffenburg-Schweinheim und -Nilkheim. Rund 500 davon fertigen Lenkräder und Airbags, der Rest ist in Forschung, Entwicklung und Verwaltung tätig.

Joachim Hock, Leiter des Schweinheimer Werks, zeigt dem Bischof und dessen Delegation unter anderem den Werkzeugbau. Dort werden die Formen für die Lenkräder und Airbagmodule hergestellt. CNC-Maschinen von der Größe einer Garage kommen dabei unter anderem zum Einsatz, mit großen Kränen an der Decke werden die zum Teil kühlschrankgroßen Formen bewegt. In einer anderen Halle spritzt eine Maschine mit einem lauten Knall flüssiges Magnesium in eine Form, und wenige Sekunden später kommt das bereits entgratete Teil auf einem Förderband heraus. Wie beim Lenkrad selbst sind auch bei der Airbaghalterung die tragenden Teile aus Metallguss gefertigt. Rund 7000 fertig montierte Lenkräder verlassen das Werk pro Tag. Allein für Porsche werden über 370 verschiedene Varianten hergestellt, mit einem Vorlauf zwischen Bestellung und Auslieferung von maximal sieben Tagen.

Im Gespräch mit Dr. Andreas Bartelt, Marketingleiter Europa, und Constance von Struensee, Personalleiterin Europa, dankt der Bischof für den Einblick „in die kleinen Geheimnisse des Lenkradbaus“ und fragt, wie sicher die Arbeitsplätze vor Ort seien. Bartelt berichtet vom enormen Preisdruck, der inzwischen herrsche. „Rund 70 Prozent der Entwicklung für ein neues Fahrzeugmodell werden inzwischen bei den Zulieferern geleistet.“ Daher gelte es, die Herstellung möglichst effizient zu gestalten. „Jeder Arbeitsplatz, der abgebaut wird, ist einer zu viel“, sagt Struensee zum Bischof. Sie sei zwar in ihrer Funktion für alle europäischen Niederlassungen von Takata zuständig, habe aber als Deutsche selbstverständlich ein besonderes Auge auf die deutschen Arbeitsplätze. Bartelt betont, das neue Werk in Ungarn diene auch zur Entlastung der Aschaffenburger Werke, wo mitunter Sonderschichten gefahren würden, um die Aufträge abzuarbeiten. Außerdem gebe es dort Fördergelder der EU. Norbert Elbert, Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Takata in Deutschland, erklärt Bischof Hofmann, er setze sich für den Erhalt jedes Industriearbeitsplatzes in Deutschland ein. Er befürchte, dass ein Wegfall in der Produktion einen Dominoeffekt in Verwaltung und Entwicklung auslöse.

Der Visitationstag hat für Bischof Hofmann beim Sozialdienst katholischer Frauen (SkF) in der Erbsengasse begonnen. Ehrenamtliche Vorsitzende Jutta Schneider-Gerlach und Vertreterinnen des 22 Mitarbeiterinnen starken SkF-Teams berichten dem Bischof von bis zu 700 Frauen, die die kirchliche Schwangerenberatung im Schnitt pro Jahr besuchen. Und von dem Modell der Familienpaten, bei dem Ehrenamtliche stundenweise Kinder betreuen, um die Eltern zu entlasten. Relativ neu sei die rechtliche Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen, die ebenfalls beim SkF angeboten wird, erfährt der Bischof. „Hier spricht die Kirche auch Menschen an, die sie sonst nicht erreicht“, lautet sein Fazit.

Markus Hauck (POW)

(4714/1136; E-Mail voraus)

Hinweis für Redaktionen: Fotos abrufbar im Internet

Weitere Bilder