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Auf der Flucht

Die mobile Wanderausstellung hat sechs Stationen; Da sie nicht selbsterklärend ist, führen die Schüler die Besucher hindurch: Es beginnt mit einer großen – auch für Sehbehinderte und Blinde erfahrbaren – Weltkarte.
Es ist dunkel, eng und stickig. Die Füße suchen festen Stand auf wackeligem Untergrund, dröhnende Motorengeräusche dringen in das beengte Innere. Die Hände suchen Halt, doch stehend wird man immer wieder hin- und hergerüttelt. Was die Besucher der Wanderausstellung „Auf der Flucht“ nur wenige Minuten in einer mannshohen Holzkiste ausprobieren können, erleben Menschen auf der Flucht in oft nur kleinen Booten – tagtäglich.    Unter der Leitung von Chris­tian Kippes, Pädagoge an der Fachschule für Heilerziehungspflege und Heilerziehungspflegehilfe in Würzburger, haben 15 Schüler die Ausstellung im Rahmen von Projekttagen umgesetzt. „Wir wollten zeigen, wie sich diese Menschen fühlen, was sie durchgemacht haben, wenn sie zu uns kommen“, schildert Tabea Schüll, die zum Team gehört. „Wir werfen den Gedanken auf: Was wäre, wenn ich nicht in einer Holzkiste säße, sondern tatsächlich auf einem Kutter mitten auf dem Meer? Nicht wissend, wohin man mich bringt?“, sagt Christian Kippes. Der Pädagoge zollt dabei seinen Schülern großen Respekt, denn sie hätten über die ursprünglichen zweieinhalb Projekttage  hinaus mit Engagment am Projekt gearbeitet.   Die mobile Wanderausstellung hat sechs Stationen; Da sie nicht selbsterklärend ist, führen die Schüler die Besucher hindurch: Es beginnt mit einer großen – auch für Sehbehinderte und Blinde erfahrbaren – Weltkarte. Dort ist mit Silikon hervor gehoben, woher die Flüchtlinge in Deutschland stammen. „Uns war es wichtig, dass jeder – das heißt Menschen mit und ohne Behinderung, Kinder wie auch Erwachsene, erfahren, was Flucht bedeutet“, schildert Schülerin Katja Cervenka. Die „Schicksale in Zahlen“ führen an der zweiten Station in knapp gehaltenen Infos vor Augen, wie viele Menschen ihre Heimat aufgrund von Krieg und Vertreibung verlassen. Um das Bild zu verdeut­lichen, benutzen die Schüler Glaszylinder, in die Sand gefüllt werden kann. Beim Verfassen der Texte für ihre Infotafeln haben die Ausstellungsmacher die sogenannte „leichte Sprache“ verwendet, eine spezielle sprachliche Ausdrucksweise im Deutschen, die auf leichte Verständlichkeit abzielt. „Wir ermöglichen es so allen, das Thema nachzuvollziehen“, sagt Tabea Schüll.  

Gründliche Vorrecherche

Dies sei keine Ausstellung, „durch die man mal eben so durchläuft“. Das ist Christian Kippes wichtig, zu betonten. Es brauche „Personal“ und es brauche Erläuterungen, damit die Thematik wirken könne. Die Infotafeln allein reichten nicht aus. „Durchlesen und wieder zur Tagesordnung übergehen, das funktioniert nicht“, erklärt er. „Doch das müssen wir organisatorisch auf die Beine stellen und uns gut überlegen, wohin die Wanderausstellung gehen kann.“ Christian Kippes ist sehr daran gelegen, dass seine Schüler eine Wertschätzung für ihre Arbeit erfahren und spüren, dass die Botschaft auch bei den Menschen ankommt.    Im Vorfeld ihrer Recherchen hatte die Gruppe Kontakt zur Flüchtlingshilfe aufgenommen. Ein syrischer Flüchtling, der in Unterfranken ein neues Zuhause gefunden hat, stand Pate, seine Geschichte wird beispielhaft erzählt. In einem Video-Interview berichtet er von seiner Heimat und warum er fort ging. Um Daten und Fakten zu Flüchtlingsthematik auch entsprechend optisch hochwertig abzubilden, arbeitete ein Grafikbüro den Ausstellungsmachern zu; Chris­tian Kippes hatte Wert darauf gelegt, dass die Ausstellung ein professionelles Äußeres bekommt. „Nur so ist auch gewährleistet, dass wir mit dieser Arbeit ernst und wahr genommen werden.“  

Alle Sinne ansprechend

Tasten auf der Landkarte, ein Gespür entwickeln für Größen und Mengen bekommen; die Ausstellung soll mit allen Sinnen erlebbar sein, so auch an der nächsten Station. Dort wird ein kleiner Eindruck des syrischen Lebensgefühls wiedergespiegelt: man trinkt Tee aus kleinen Gläsern, kann an Gewürzen riechen, sieht Bilder des Landes. Daneben ein Tisch mit Bildern von Krieg und Verzweiflung. Die Station wirft die Frage auf: „Was nehme ich auf der Flucht mit?“, schildert Katja Cervenka. „Viel darf es nicht sein, kann es nicht sein. Mein Ausweis, ein Schlüssel, ein kleine Stofftier für mein Kind, eine Jacke. Viel Bargeld geht auch nicht, das wird mir weggenommen.“   Dann kommt die Flucht – nachgestellt mit genannter Holzkiste. „Es ist ein niederschwelliges Experiment. Niemand muss in die Kiste hineingehen. Und wer sich traut, muss die Tür nicht schließen. Die Mutigen lassen sich einsperren und können durch das Wackeln von außen spüren, wie es sein muss, auf dem Schiff zu sein.“ Christian Kippes lobt die Idee seiner Schüler. „Es geht nicht darum, jemanden in einer Kiste einfach durchzuschüttteln. Vielmehr kann man sich ein Stück weit auf das Gefühl einlassen, wie es diesen Menschen gehen muss.“   Auch am Ende lassen die Schüler den Besucher nicht allein; das letzte Element der Ausstellung ist ein kleiner Stuhlkreis, wo das Thema Flucht noch einmal erörtet wird, wieder multimedial unterstützt duch ein Video-Interview mit einer Mitarbeiterin der Flüchtlingshilfe.    Die Führung durch die Ausstellung dauert rund zwanzig Minuten und ist für zwei Personen (und ihre Begleitpersonen) konzipiert. Kippes hat mit seinen Schüler vorab ein genaues Ablaufprotokoll erstellt, wer wie und wann zum Einsatz kommt und was benötigt wird.   Christel Baatz-Kolbe ist stolz auf das Team um Christian Kippes und beeindruckt von Einsatz und Ideenreichtum ihrer Schüler. Zur Zeit steht alles in Kisten verpackt – darauf wartend, dass die Ausstellung angefordert wird, sagt die Shculleiterin: „Nun braucht es kreative Ideen in punkto Nachhaltigkeit und wie man die Ausstellung weiter publik machen kann, damit es nicht ein einmaliges Projekt bleibt.“